Stalking: Beate Merk fordert Änderungen von § 238 StGB die bereits Teil des Gesetzes sind

Nach den tragischen Ereignissen mit der Geiselnahme durch einen Stalker im Ingolstädter Rathaus am Monat, springt natürlich Beate Merk auf den Sommerloch- und Wahlkampfzug auf und fordert eine Verschärfung von § 238 StGB. So sagte sie der Augsburger Allgemeinen:

Es komme aber nicht darauf an, „wie stark ein Opfer seelisch belastet wird“, so Merk. „Es muss reichen, dass die Attacken eines Stalkers geeignet sind, die Lebensführung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen.“

Im § 238 StGB heißt es zur Zeit:

(1) Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1.     seine räumliche Nähe aufsucht,
2.     unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.     unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4.     ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5.     eine andere vergleichbare Handlung vornimmt

und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Also genau das, was laut Frau Merk reichen müsse. Entweder ist sie also so inkompetent, dass sie als Justizministerin(!) nicht weiß, was eigentlich in dem Gesetz steht, das sie verschärfen will. Oder sie wollte unbedingt Wahlkampf machen, egal ob es Sinn macht was sie sagt oder nicht. Für mich ist das ein weiteres Zeichen, dass die Frau als Justizministerin vollkommen unbrauchbar ist und ihren Posten wohl nicht ihrem juristischen Können zu verdanken hat. Bayern hätte was besseres verdient als sowas…

PS: Was wirklich nötig wäre, wäre mehr Staatsanwälte und Richter einzustellen, die solche Fälle auch tatsächlich verfolgen. In Bayern fehlen immer noch mindestens 248 Richter und 125 Staatsanwälte, so dass es kein Wunder ist, wenn Täter frei rumlaufen, deren Verfolgung einfach aus personellen Gründen nicht möglich ist. Das wäre mal eine wirkliche Änderung, die Frau Merk bewirken könnte…

Faustschlag ins Gesicht von gefesselter Frau = 10 Monate auf Bewährung für Münchner Polizisten

Im Fall Teresa Z., bei dem ein Polizist einer gefesselten Frau einen Faustschlag ins Gesicht verpasst hatte, hat das Amtsgericht München heute das Urteil gefällt: 10 Monate auf Bewährung und 3000 Euro Geldstrafe. Wer nicht (mehr) weiß, um was es geht, den kann ich auf diesen alten Blogbeitrag verweisen.

Meine Meinung: Klar, Polizisten sind auch nur Menschen, sie können auch mal sauer werden, wenn sie angespuckt werden. Aber sie sind nunmal auch Repräsentanten des Staates, sie dürfen nach Recht und Gesetz  Gewalt ausüben, die anderen verboten ist. Also sind sie an einem höheren Standard zu messen als normale Straftäter. § 340 StGB bringt dies zum Ausdruck, in dem die Mindeststrafe für Körperverletzung im Amt bei 3 Monaten liegt, während bei § 223 StGB Geldstrafe möglich ist. 10 Monate sind am unteren Ende des Strafrahmens und sind wohl vor allem deshalb verhängt worden, weil ab 1 Jahr automatisch die Entfernung aus dem Polizeidienst folgt. Ob dies gerecht war, mag der Bürger zu Recht bezweifeln, vor allem da der betroffene Polizist bereits einmal aufgefallen war, als er einer Schwangeren den Kopf gegen ein Autodach gestoßen haben soll. Das Ermittlungsverfahren damals wurde jedoch eingestellt. Dennoch wird man sich fragen, ob es Sinn macht, eine Strafe zu wählen, die dessen Verbleib im Polizeidienst sichert. Es kann nämlich auch das Signal senden, dass solche Taten keine gravierenden Folgen haben und daher die Probleme von Korpsgeist und falsch verstandener Loyalität bei der Polizei noch verstärken.
Man wird zum Beispiel sehen müssen, ob der damalige Münchner Polizeipräsident – jetzt Landespolizeipräsident! – Wilhelm Schmidbauer sich für seine Äußerung entschuldigt, als er meinte, die Tat sei “konsequent” gewesen. Ich würde persönlich keine großen Hoffnungen darin hegen…

OLG Nürnberg ordnet Wiederaufnahme im Fall Gustl Mollath an

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat das OLG Nürnberg die anderslautende Entscheidung des LG Regensburg aufgehoben und die Wiederaufnahme des Verfahrens im Fall Gustl Mollath angeordnet. Anders als die Regensburger Kollegen – und so wie viele Juristen (statt vieler sei hier nur auf die Detailkritik von Prof. Dr. Müller verwiesen) – sah das OLG die verwendete Urkunde sehr wohl als falsch an und somit einen Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 1 StPO als gegeben an.

Die Wiederaufnahme bedeutet zwar, dass Mollath sofort freigelassen werden muss, das Ende der Justizschlacht um diesen Fall ist das jedoch nicht. Nun muss das Verfahren, dass damals zu seiner Unterbringung geführt hat, wieder neu durchgeführt werden. Und da kann noch vieles passieren. Man kann also gespannt sein.

PS: Die bayerische Jusitzministerin Beate Merk ist natürlich derweil auf Twitter erfreut über die Entscheidung, hing doch der Fall wie ein Damoklesschwert über ihrem Kopf vor den anstehenden Landtagswahlen. Die bayerischen Wähler sollten jedoch nicht vergessen, wie viele Fehler sie gemacht hat, bevor sie den Wiederaufnahmeantrag angewiesen hat. Die Unterbringungsvorausstzungen und -bedingungen in Bayern sind nämlich das Werk der seit über 50 Jahren regierenden CSU-Mehrheit.

Update: Pressemitteilung des OLG Nürnberg zum Fall

Maßregeln: Auch LG-Richter müssen ihre Standardformulierungen hin und wieder überarbeiten

Mit Beschluss vom 19. 6. 2013 – 2 StR 118/13 hat der BGH ein Urteil des LG Aachen aufgehoben, in dem die LG-Richter die Maßregel nach § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) angeordnet hatten, da diese “nicht von vornherein aussichtslos” erscheine. Leider für die LG-Richter findet sich diese Formulierung seit 2007 nicht mehr im zitierten § 64 S. 2 StGB, nachdem das Bundesverfassungsgericht dies bereits 1994 (vgl. BVerfGE 91, 1) für verfassungswidrig erklärt hatte. Vielmehr ist nunmehr “hinreichend konkrete Aussicht” erforderlich, dass die Maßregel eine Heilung bewirken oder zumindest eine Weile einen Rückfall vermeiden kann und zusammenhängende Taten dadurch verhindert werden. Der zweite Strafsenat hob das Urteil somit auf und verwies es zur erneuten Verhandlung zurück an eine andere Strafkammer des Landgerichts.

Fazit: Gerade auch als LG-Richter darf man sich nicht auf alte Standardformulieren verlassen, sondern muss bei jedem Urteil konkret im Einzelfall entscheiden. Das sollte zwar immer der Fall sein, aber leider neigen auch Richter gerne zur Bequemlichkeit. Leider hat der BGH jedoch auch selbst oft Bequemlichkeitslösungen gefördert und zugelassen. Dieser Beschluss stellt einen löblichen Gegensatz dar.

LG Osnabrück: Automatisiertes Verleiten zum Rückruf kann Betrug sein

Das LG Osnabrück hat mit Urteil vom 6. März 2013 (Az. 10 KLs 38/09, 140 Js 2/07, 10 KLs – 140 Js 2/07 – 38/09) entschieden, dass es als Betrug gem. § 263 I StGB strafbar sein kann, wenn man Handynutzer mit dem einzigen Ziel anruft, dass diese eine teure Rufnummer zurückrufen. Das Landgericht hatte im Jahre 2010 mit Beschluss noch nach § 204 StPO beschlossen, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, da es an der Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB fehle. Das wurde vom OLG Oldenburg kurz danach auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft wieder aufgehoben und die Klage vor dem Landgericht Osnabrück doch zugelassen.

Im Fall hatten die drei Angeklagten mehrere Server so programmiert, dass sie – unter Angabe einer teuren Mehrwertdienstenummer – massenweise Handys anklingeln, einmal Läuten lassen und danach wieder aufzulegen. Dabei haben Sie sich einer 0137-Nummer (bekannt aus Telefonvotings im Fernsehen) bedient, die im Display als +49137… erschien und dadurch die Angerufenen in den Glauben versetzen sollte, es handle sich um eine Nummer aus dem Vodafone-Netz (0173…). Die so kontaktierten Nutzer sollten die Nummer sehen und sich – glaubend es handle sich um eine valide Kontaktaufnahme – bemüßigt fühlen, dort zurückzurufen. Taten sie das, hörten sie nur eine (sinnlose) Bandansage. Die Kosten für das Telefonat erhielten z.T. die Angeklagten.

Das Landgericht, nun der Auffassung des OLG folgend, hat alle drei des Betrugs bzw. der Beihilfe zum Betrug nach § 263 StGB verurteilt. Das Anklingeln lassen, so das Landgericht, beinhalte die Erklärung “der Anrufer strebe über das Herstellen einer Telekommunikationsverbindung eine inhaltlich ernstgemeinte zwischenmenschliche Kommunikation an”. Wolle er dies nicht, so sei dies eine Täuschung im Rechtssinne. Damit sei auch der Irrtum erregt worden, dass die Anrufer mit den Angerufenen sprechen wollten und daher eines Rückrufs würdig seien. Der Rückruf sei vermögendsmindernd gewesen, da er entweder direkt zur Minderung des Guthabens (Pre-Paid) oder zur Entstehung von Ansprüchen (Vertrag) geführt habe.

Das Urteil ist einerseits natürlich nachvollziehbar. Wer sowas macht, sollte – so der wird sich der gute Bürger denken – bestraft werden. Rechtlich sehe ich das etwas komplizierter: Das Landgericht hat bereits 2010 ja erkannt, dass das Verhalten – so “unverschämt” dies sein mag – wohl nicht strafbar ist. Das würde ich auch so sehen. Jemand, der von einer ihm unbekannten Nummer angerufen wird, der glaubt nicht automatisch, dass es ein sinnvoller Anruf war; im Gegenteil, viele Menschen werden bei ihnen unbekannten Nummern – oftmals zu Recht – davon ausgehen, dass der Anruf von einer Person stammt, mit der sie nicht telefonieren wollen und somit auch nicht zurückrufen. Entscheidet man sich zum Rückruf, so tut man dies im Bewusstsein, dass man eben gerade nicht weiß, wer am anderen Ende der Leitung ist. Und die Kosten für ein Telefonat kann und muss jeder selbst für sich berechnen bevor er telefoniert. Die Entscheidung stellt daher m.M.n. eine fatale Erweiterung des § 263 StGB dar. Der Anrufer kann – wenn er eine ihm unbekannte Person kontaktiert – nie wissen, was der Angerufene glaubt, wenn er die Nummer sieht, und liefe daher immer die Gefahr, den objektiven Tatbestand des Betrugs zu erfüllen, wenn der Angerufene – im Glauben ein Rückruf sei erwünscht – auf seine Kosten zurückruft. Dies allein über den fehlenden Vorsatz im subjektiven Tatbestand zu lösen ist dogmatisch unbefriedigend.

Wenn sich der Verteidiger mit aus dem Saal schleicht…

Der BGH hat mit Beschluss vom 10. April 2013 (Az. 2 StR 19/13) ein Urteil des LG Kassel mitsamt der Feststellungen wegen Verstoß gegen § 140 I Nr. 1 StPO aufgehoben (§ 338 Nr. 5 StPO). Das Landgericht hatte dem Angeklagten mit Beschluss gestattet, den Sitzungssaal gem. § 231c StPO zu verlassen, solange ein Zeuge allein zu einem Mitangeklagten befragt würde. Nicht umfasst hat der Beschluss den Verteidiger des Beschwerdeführers. Dies sei auch nicht aus dem Beschluss bzgl. des Beschwerdeführers zu ersehen, so der BGH.

Gleichwohl ging der Verteidiger mit seinem Mandanten in diesem Zeitraum aus dem Saal. Die weitere Befragung des Zeugen fand daher auch ohne ihn statt, obwohl ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 I Nr. 1 StPO vorlag. Allein dies genügt schon für den Erfolg der Rüge, da ja mit § 338 Nr. 5 StPO fingiert wird, dass in diesem Fall das Urteil immer fehlerhaft ist.

Da der Zeuge lästigerweise auch noch was zur Tat des Beschwerdeführers ausgesagt hatte in der Zeit, konnte der BGH den Fehler des Landgerichts auch nicht über die Konstruktion retten, dass es “denkgesetzlich ausgeschlossen” sei, dass das Urteil auf der Abwesenheit beruht (vgl. BGH NStZ 2011, 233; BGH StV 2011, 650).

Hier hat das Landgericht erst vergessen, den Beschluss auf den Verteidiger zu erweitern (was nach § 231c StPO ja möglich gewesen wäre) und dann auch noch die Verhandlung fortgesetzt, obwohl der Zeuge ja doch etwas für den Beschwerdeführer relevantes ausgesagt hat – was das Gericht auch noch strafschärfend ins Urteil aufgenommen hat. Es zeigt sich also mal wieder, wie wichtig es ist, die Verfahrensvorschriften zu beachten und dass der Verteidiger doch lieber im Saal bleiben sollte, selbst wenn der eigene Mandant dazu nicht verpflichtet ist.

LG Gießen: Verwendung eines versehentlich erhaltenen Online-Gutscheins nicht strafbar

Das LG Gießen hat mit einem Beschluss vom 29. Mai 2013 (Az. 7 Qs 88/13) entschieden, dass das Verwenden eines einem Dritten zustehenden Online-Gutscheins nicht unter die Strafbarkeit des § 263a StGB fällt.

Eine Kundin hatte einen Geschenkgutschein bei einer Firma erworben, hat sich jedoch bei der Eingabe der E-Mail-Adresse der zu Beschenkenden vertippt. Den Gutschein bekam daraufhin ein unbekannter Dritter, der ihn auch erfolgreich einlöste. Die Staatsanwaltschaft Gießen beantragte daraufhin wegen Verdachts der Unterschlagung(!) und des Computerbetrugs einen Durchsuchungsbeschluss gem. § 103 StPO bei der Firma, um den Dritten zu ermitteln. Das AG Gießen lehnte dies wegen nicht-Vorliegen eines Straftatbestands ab. Das LG Gießen folgte dem auf Beschwerde hin zu Recht.

Bereits jedem Erstsemester-Studenten sollte klar sein, dass Unterschlagung i.S.d. § 246 StGB nicht vorliegen kann, da ein virtueller Gutschein keine “fremde bewegliche Sache” darstellt. Der oder die betreffende Staatsanwalt/-wältin hat also im besten Fall versucht den Antrag auf alles Mögliche zu stützen bzw. ist im schlimmsten Fall schlechter ausgebildet als jeder Student nach ein paar Vorlesungen Strafrecht. Sehr schnell lehnt das LG Gießen die §§ 202a-202c, 303a, 303b StGB ab, da diese nicht einschlägig seien. Der Rest der Entscheidung liest sich ein wenig wie ein Lehrbuch, warum § 263a StGB nicht einschlägig ist, was für die Examensvorbereitung und natürlich auch für übereifrige Staatsanwälte eine gute Lektion ist. Kurz zusammengefasst weißt das Landgericht darauf hin, dass § 263a StGB dazu dient, die Strafbarkeit des § 263 StGB auf Fälle anzuwenden, wo keine Person getäuscht wurde, sondern eine Maschine, um dann korrekterweise zu folgern, dass ein Mensch an Stelle der Maschine sich auch keine Gedanken gemacht hätte, von wem der Geschenkgutschein eingelöst wird, sondern nur darüber, ob der Gutschein von der Firma tatsächlich so ausgegeben wurde. Dies ist auch sachgerecht, da es ja gerade Sinn eines Geschenkgutscheins ist, dass auch ein bisheriger Nichtkunde diesen einlösen können soll.

Lesehinweis: Teresa Z. und der falsch verstandene Korpsgeist

Peter Fahrenholz hat auf sueddeutsche.de einen guten Artikel zu Polizeigewalt im Allgemeinen und zum Fall Teresa Z. im Besonderen veröffentlicht mit dem Titel “Falsch verstandener Korpsgeist“.

Für diejenigen, die Münchner und bayerische Nachrichten nicht verfolgen: Im Fall Teresa Z. geht es darum, dass die genannte Dame – im Rahmen eines Streites mit ihrem Freund – auf die Polizeiwache München-Au mitgenommen wurde. Dort sei sie, laut Polizei, ausgerastet und sei fixiert werden müssen. In diesem Zustand, von mehreren männlichen Polizisten festgehalten, habe sie einen davon bespuckt, was dieser als so schweren Angriff ansah, dass er ihr mehrmals mit dem Faust ins Gesicht schlagen musste bis ihre Nase gebrochen war – aus Notwehr wie er meint. Der Rest der Polizei war bemüht, das Opfer zu diskreditieren, auch der Polizeipräsident und der Innenminister spielten dieses Spiel mit. Da wurden Drogenverbindungen gesucht, psychische Probleme unterstellt und Medienkontakte ausgeforscht. Die Staatsanwaltschaft München I hat dennoch Anklage gegen den Polizisten erhoben, was schon einmal positiv klingt. Fraglich ist nur, ob das auch entsprechende Konsequenzen hat, so scheint die Anklage selbst stellenweise ungenau und fehlerhaft zu sein – und nicht einmal die Aussage des Opfers zu enthalten.

Alles in allem ist der Fall also einer, bei dem die Münchner – und bayerische – Polizei sich nicht mit Ruhm bekleckert hat. Viele Pannen, die Weigerung Fehler einzugestehen und zu verfolgen und falscher Korpsgeist zerstören das Vertrauen in die Polizei, das in einem Rechtsstaat unbedingt nötig ist. Dann auch noch den Wilhelm Schmidbauer, der wie kaum ein zweiter für solches Verhalten steht, zum Landespolizeipräsidenten befördern zu wollen, bedeutet nicht nur den Bock zum Gärtner zu machen, sondern würde auch das falsche Signal senden, dass solches Verhalten von oberster Stelle sanktioniert wird.

BGH: Fischer setzt sich gegen Tolksdorf durch

Ein fast kindlicher Streit vor dem höchsten deutschen Strafgericht ist (hoffentlich) endlich zu Ende. Das Bundeskabinett will Fischer nun für den Job vorschlagen, auf den er sich vor mehr als zwei Jahren beworben hat: Vorsitzender des 2. Strafsenats.

Kurze Rekapitulation:
Thomas Fischer, der Verfasser und Herausgeber des wohl am meisten genutzten Kommentars zum StGB, wurde damals – nachdem er zuvor jahrelang beste Beurteilungen erhalten hatte – vom Präsidenten des BGH, Klaus Tolksdorf, schlecht beurteilt und dann in der Folge übergangen, als der Vorsitzendenposten im 2. Strafsenat – dem er angehörte – frei wurde. Dagegen klagte Fischer vor dem VG Karlsruhe, mit der Folge, dass dieser Vorsitz nicht besetzt werden konnte. Als zwei andere freiwerde Posten in anderen Strafsenaten mit anderen Richtern besetzt werden sollten, klagte Fischer auch hiergegen, so dass am Ende drei von fünf Senaten keinen Vorsitzenden hatten. Obwohl genug Posten frei gewesen wären und Fischer daher ein Vorsitz angeboten hätte werden können, beharrte Tolksdorf auf seiner Position und übernahm lieber selbst einen dieser Posten anstatt Fischer vorzuschlagen.

Anders als Herrn Tolksdorf, wurde es der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wohl zu viel des Streits und sie hat sich mit Fischer geeinigt. Jetzt können hoffentlich schnell die anderen Vorsitzendenposten besetzt werden. Vor allem der Vorsitz des 1. Strafsenats (zuständig für Bayern und Baden-Württemberg) sollte rasch – aber mit bedacht – besetzt werden. Allein schon um möglichst schnell die Fehlentwicklungen der letzten Jahre in dessen Rechtsprechung zu korrigieren.

PS: Fischer ist dabei nicht der einzige Richter, der Probleme mit dem Führungsstil Tolksdorfs hat: Im SPIEGEL 8/2003 gibt es dazu einen interessanten Artikel mit dem bezeichnenden Titel “Der Gutsherr”

Lesehinweis: Fall Mollath und die ignorierten Beweismittel

Auf sueddeutsche.de gibt es im Moment einen sehr interessanten Artikel in dem u.a. dokumentiert wird, dass der ehemalige Vorsitzende der 7. Strafkammer der LG Nürnberg vor dem Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags unverblümt zugegeben hat, dass er als Richter im Prozess gegen Herrn Mollath die Verteidigungsschrift des Angeklagten nicht gelesen habe, weil er noch “anderes zu tun gehabt” habe.

Ich bin mir nicht sicher, was mich mehr aufregen sollte: Dass ein Richter meint, dass das das korrekte Vorgehen in einer Strafsache sein kann, oder dass solche Erkenntnisse nicht massive Reaktionen der Bevölkerung auslösen.

Florian Streibl (Freie Wähler) bezeichnet den Fall korrekt als Beispiel für “Selbstherrlichkeit, Überlastung und Behördenversagen” im Fall Mollath. Der Ausschussvorsitzende Florian Herrmann (CSU) will dem nicht zustimmen. Da kann sich jetzt jeder seinen Teil denken dazu…