Der bayerische Landtag hat heute – in Reaktion auf Berichte dass Politiker (vor allem der CSU) ihren Verwandten Beschäftigungsverhältnisse auf Kosten des Steuerzahlers verschafft haben – beschlossen, dass keine Verwandte bis zum vierten Grad (Cousin / Cousine) mehr beschäftigt werden dürfen sowie Verwandte anderer Abgeordneter bis zum dritten Grade. Dieses – mit heißer Nadel gestrickte – Gesetz klingt auf dem Papier nach einer guten Lösung.
Verfolgt man den Gedanken aber konsequent zu Ende, ist es jedoch Unsinn. Der Steuerzahler hat das Recht darauf, dass er mit seinem Geld die bestmöglichen Arbeitskräfte bezahlt, so dass der Landtag so effektiv wie möglich arbeitet. Nicht ohne Grund misst Art. 33 GG allein “Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung” einen Wert bei der Auswahl von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei. Auch bei den Beschäftigten von Abgeordneten sollte dieses Prinzip – und nur dieses – zum Tragen kommen. Wenn die Tochter / die Oma / der Onkel des Abgeordneten X die Aufgabe objektiv am besten erfüllen kann, ist es unsinnig, ihr / ihm allein aufgrund seiner Verwandtschaft – für die sie / er nichts kann(!) – die Beschäftigung zu verwehren und es ist unsinnig, wenn der Steuerzahler einen weniger qualifizierten Bewerber bezahlen muss, nur weil der / die qualifizierteste mit irgendjemanden im Landtag verwandt ist.
Natürlich ist mir klar, dass der Anschein der Vetternwirtschaft in diesem Fall entstehen kann. Aber dafür gibt es bessere Lösungen: Anstatt – wie jetzt entschieden – dem Landesamt die Einhaltung dieser Bestimmungen zu übertragen, könnte dieses z. B. auch als neutrale Behörde (anonymisierte) Bewerbungen von Verwandten empfangen und bescheiden. Der Anschein von Vetternwirtschaft kann logischerweise nur dann entstehen, wenn die Abgeordneten Einfluss auf die Beschäftigung ihrer Verwandten haben. Ein System zu schaffen, in diesem die Abgeordneten nachprüfbar keinen Einfluss haben, würde das Problem also effizienter lösen und zugleich dem Anspruch gerecht werden, nur die am besten geeigneten Mitarbeiter zu beschäftigen.
Nun ja, ich denke es ist schon extrem wichtig, dass der Abgeordnete zu seinen Mitarbeitern ein besonderes Vertrauensverhältnis hat, d.h. also konkreten Einfluss auf die Auswahlentscheidung hat.
Man stelle sich vor, dass einem Abgeordneten der CSU von einer “neutralen Behörde” ein persönlicher Assistent zugeordnet wird. Was ist wenn der Assistent Mitglied der NPD oder auch nur der SPD ist? Müsste der Abgeordnete nicht Angst haben, dass jede seiner Reden, Kampagnen etc. an das “gegnerische” Lager verraten würde? Also ich meine das würde nicht funktionieren …
Der wichtige und richtige Schritte – neben dem Ausschluss von Verwandten – wäre eine tarifgerechte Eingruppierung der Mitarbeiter entsprechend des TVöD … wenn man plötzlich keine 5.500 € monatlich für eine kaum anwesende Sekretärin zahlen kann, sondern nur noch rd. 2400 brutto für Vollzeit, dann werden es ganz normale Arbeitsplätze und keine “Pfründe” mehr …
Die Idee wäre, dass der Abgeordnete einen potentiellen Mitarbeiter – mit dem er oder ein anderer Abgeordneter verwandt ist – anstellen möchte, weil dieser den Job am besten erledigen könnte und dann wäre es sinnvoll, wenn eine neutrale Behörde die Entscheidung trifft. So könnte der Abgeordnete den Mitarbeiter erhalten, den er möchte – falls dieser für die Stelle auch objektiv qualifiziert ist – und dennoch wäre der Anschein von Vetternwirtschaft vermieden.
Mal ganz abgesehen davon, dass natürlich Abgeordnete eigentlich keine parteipolitische Arbeit durch staatlich finanzierte Mitarbeiter erledigen lassen sollten.