BGH: Rauchen am Balkon kann (möglicherweise) teilweise untersagt werden

rauchverbot vielleicht

Wie der BGH heute in einer Pressemitteilung schreibt, hat man den Rechtsstreit zweier Mieter gegen ihren rauchenden Nachbarn (Vorinstanzen: AG Rathenow, Urteil vom 6. September 2013 – Az. 4 C 300/13 und LG Potsdam, Urteil vom 12. März 2014 – Az. 1 S 31/14) mit Urteil vom 16.01.2015 – Az. V ZR 110/14 – an das Berufungsgericht, welches die Klage abgewiesen hatte, zurückverwiesen, da zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass Zigarettenqualm auf dem Balkon nicht die ganze Zeit geduldet werden muss.

Entscheidend sei, so der BGH, ob die nicht nur “mit dem Tabakrauch verbundenen Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind”. In diesem Fall kann es geboten sein, trotz des Anspruchs des rauchenden Mieters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, Zeiten frei zu halten, in denen die Nachbarn durch das Rauchen nicht gestört werden. Selbst wenn nur eine unwesentliche (und damit nach §§ 1004, 906 I 1 a. E. BGB hinzunehmende) Geruchsbelästigung vorliegt, könnten Abwehransprüche bestehen, wenn gesundheitliche Gefahren drohen.

Die Sache wurde zurückverwiesen, damit das Landgericht Feststellungen treffen kann, “ob der Rauch auf dem Balkon der Kläger als störend wahrnehmbar ist oder – wenn das zu verneinen sein sollte – ob im konkreten Fall von dem Tabakrauch gesundheitliche Gefahren ausgehen, wie die Kläger unter Hinweis auf eine Feinstaubmessung behaupten”.

Mieter sollten sich also nicht zu früh über dieses Urteil freuen: Den rauchenden Nachbarn kann man nur dann (teilweise) Einhalt gebieten, wenn die nicht unwesentliche Beeinträchtigung bzw. gesundheitlichen Gefahr im konkreten Einzelfall nachgewiesen ist.

“Falsches Toilettenpapier”

Rechtsstreit vor dem Amtsgericht, die Parteien, Vermieter und Mieter, stritten, wie so oft, darum, ob ein Mangel vorliegt, wer daran schuld sei und – wichtig – wer bezahlen muss. Im konkreten Fall waren die Toiletten in einem Gewerberaum verstopft, mit der Folge, dass die Abwässer nun in die Toilettenräume abflossen, was den Mieter gar nicht erfreute, der dem Vermieter den Mangel angezeigt und dann die Miete gemindert hat.

Im Rechtsstreit trug der Vermieter nun vor, der Mieter sei doch selbst schuld an der Verstopfung, weil er u.a. das “falsche Toilettenpapier” verwendet habe.

Was leider nicht erwähnt wird, ist, wie Toilettenpapier, also ein Produkt, das seiner Bestimmung nach heruntergespült werden soll, “falsch” sein kann.

Da das Verfahren mit einem Vergleich endete, musste das Gericht diese Frage im Endeffekt nicht entscheiden. Schade eigentlich. Auf die Erörterungen hierzu im Urteil wäre ich gespannt gewesen… =)

Gerichtssaalszenen: Auf dem Land, da trifft man viele Bekannte

Wer mein Profil gelesen hat, weiß, dass ich in Grafing bei München, einem Ort mit 1/5 der Einwohner meines Heimatstadtbezirks, arbeite. Naturgemäß stehen die Gerichtstermine somit auch bei den ländlichen Gerichten im Umkreis an, so heute beim Amtsgericht in Ebersberg (eine Kreisstadt mit noch weniger Einwohnern als Grafing).

Die Verhandlung an sich war wenig spektakulär, Räumungsverfahren bei dem die Beklagten die gerichtlichen Fristen verstreichen haben lassen und im Termin der Kollege auf der Gegenseite einen Schriftsatz mit neuem Vortrag überreicht hat und ansonsten versucht hat, auf die Tränendrüse zu drücken. Ich bin wirklich kein herzloser Mensch, aber wenn Mieter zwei Jahre lang nicht oder nur sporadisch zahlen und auch nach der Kündigung sechs Monate nicht ausziehen, dann wirkt bei mir sowas in der Regel nicht mehr. Trug doch der Beklagtenvertreter vor, einer der Beklagten arbeite bei ihm in der Kanzlei. Der musste es also eigentlich besser wissen.

Interessanter war es, mit der Richterin danach zu plauschen. Wie ich im Vorfeld von meinem Arbeitgeber erfahren hatte, hatten wir nämlich zusammen mündliche Prüfung im zweiten Examen und konnten daher über die Vorzüge und Nachteile der Arbeit auf dem Land (vielfältigere Fälle vs. Notwendigkeit, sich auch in wenig bekannte Felder einzuarbeiten) unterhalten.

Als ich dann für die folgende Verhandlung Platz machen wollte, kam mir eine ehemalige Kommilitonin entgegen, die ich seit vier Jahren nicht mehr gesehen hatte. Verständlicherweise hab ich auf ihre überraschte Begrüßung mit einem “Kennen wir uns?” reagiert. Zu meiner Verteidigung muss ich aber anführen, dass sie etwas anders aussah (und ich sowieso ein schlechtes Gedächtnis für Gesichter hab). Sie erzählte mir, dass sie bei ihrem Lebensgefährten in der Kanzlei arbeite, der als Anwalt im folgenden Termin kam. Wieso sie sich an mich erinnern konnte (und von mir erzählt hatte), wusste sie auch noch:

“Du hast mir den Glauben an Gott ausgetrieben.” 1

Und da sage nochmal einer, ich könnte nicht überzeugend sein 😉


1 Zur Erklärung:
Nein, ich war nicht besonders gemein zu ihr. Als Antitheist sind Religionskritik und entsprechende philosophische Erörterungen für mich nur seit vielen Jahren von Interesse und eines Tages sprachen wir vor, während oder nach einer Vorlesung im wahrsten Sinne über Gott und die Welt und ich hab ihr natürlich erzählt, was aus meiner Sicht gegen die Existenz eines Gottes (gleich welcher Art) und gegen Religionen spricht und mal erwähnt, wie viel Geld der Staat den beiden Großkirchen wirklich jedes Jahr zahlt.

BGH: Kein Zugriff des Vermieters auf die Kaution während der Mietzeit

Finger weg!

Mit Urteil vom 07.05.2014 – Az. VIII ZR 234/13 (Pressemitteilung) hat der VIII. Zivilsenat des BGH entschieden, dass die Klausel in Mietverträgen, wonach der Vermieter bereits während der Mietzeit auf die Kaution zugreifen kann, unwirksam sei, da sie gegen § 551 Abs. 4 BGB verstoße. Im entschiedenen Fall hatte der Vermieter die Kaution verwertet, weil die Mieterin die Miete gemindert hatte und somit nicht voll gezahlt hatte.

Eine solche Klausel wird oftmals in Standard- und Formularmietverträgen genutzt und lautete im entschiedenen Fall so:

Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag zu erhöhen…

Nach Ansicht der Richter ist diese Klausel unwirksam, da die Kaution nach § 551 Abs. 3 BGB getrennt vom Vermögen des Vermieters angelegt werden soll und “der Gesetzgeber  [damit] sicherstellen [wollte], dass der Mieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Insolvenz des Vermieters ungeschmälert zurückerhält, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen.”

“Diese Zielsetzung”, so die Richter weiter, “würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte.”

Obwohl es sich im entschiedenen Fall um Forderungen gehandelt hat, deren Entstehen streitig war, kann die Argumentation des BGH auch ohne Weiteres auf solche Fälle angewendet werden, in denen unstreitig eine Mietzinsforderung entstanden ist und vom Mieter einfach nur nicht bezahlt wurde. Falls die Gerichte also dieses Urteil auch für solche Fälle heranziehen, werden Vermieter in solchen Fällen während der Mietzeit keine Möglichkeit mehr haben, ihre berechtigten Forderungen einfach zu befriedigen.

Anmerkung zu AG München: Stellplatz darf in voller Breite genutzt werden

Durch die juristischen Blogs und einige Zeitungen geht zur Zeit ein Urteil des Amtsgerichts München vom 11.6.13 (Az. 415 C 3398/1) – Pressemitteilung des Gerichts – welches in der Regel so zusammengefasst wird, dass ein Parkplatzmieter (also zum Beispiel in einer Tiefgarage) seinen Stellplatz in der ganzen Breite nutzen darf und sein Nachbar nicht verlangen kann, dass er/sie das Fahrzeug mittig abstellt – selbst dann, wenn dem Nachbarn dann das Parken und/oder Ein- und Aussteigen erschwert wird. Der Nachbar habe keinen Anspruch darauf, dass der Parker es unterlässt, so zu parken.

Diese Zusammenfassung verkürzt die Aussage des Gerichts jedoch ein wenig. Grundsätzlich ist es korrekt, dass jeder seinen Parkplatz so benutzen darf, wie er möchte. Das Rücksichtsnahmegebot verpflichtet ihn jedoch, bei der Nutzung die Nutzung der anderen Mieter nicht zu behindern. Grundsätzlich so parken, dass der andere sein Auto nicht mehr abstellen kann oder nicht mehr ein- und aussteigen kann, ist also nicht erlaubt. Im vorgenannten Fall hat das AG München eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht nur deshalb verneint, weil die Beklagte 1) selbst durch ihren Nachbarn gezwungen worden war, weiter rechts zu parken und es 2) der Klägerin möglich war, selbst etwas weiter rechts zu parken, um dies auszugleichen.

Gerade in Tiefgaragen, in denen oftmals – wie bei mir daheim – Boxen für jeweils zwei Pkw abgetrennt sind, würde ein solcher Fall also wohl anders entschieden werden, weil dort ein Ausweichen zur Seite in der Regel nicht möglich ist. Auch die Argumentation des AG München in der vorgenannten Entscheidung, wonach ein breiteres Fahrzeug eventuell den gesamten Platz zulässigerweise brauchen könnte, verfinge sich nicht, da der Mieter dann einen Anspruch gegen den Vermieter hätte, weil er seinen Parkplatz in einem solchen Fall nicht nutzen kann.