BGH (mal wieder) zu den Gefahren des Vortäuschens des Eigenbedarfs

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Vermieter haben es – vom Gesetzgeber so gewollt – nach unserem Rechtssystem schwer, einen Wohnungsmieter loszuwerden, der sich nichts (Gravierendes) zu schulden kommen hat lassen. Einem Mieter, der seinem Vermieter “nicht nach dem Leben trachtet” und seine Miete immer pünktlich und vollständig zahlt, kann nach § 573 BGB (von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen) nur gekündigt werden, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran hat, wobei das Gesetz in § 573 II BGB drei Beispiele (“insbesondere”) nennt. Verletzt der Mieter seine Pflichten nicht (erheblich) (§ 573 II Nr. 1 BGB) und ist das Haus (überspitzt formuliert) nicht eine Ruine, so dass nur deren Abriss und Neubau den Vermieter vor dem sicheren Ruin retten kann (§ 573 II Nr. 3 BGB), bleibt in den meisten Fällen nur den Eigenbedarf (§ 573 II Nr. 2 BGB).

Das stellt natürlich den Vermieter vor Probleme, der keinen Eigenbedarf hat, aber den Mieter draußen haben will. Vielfach versuchen windige findige Vermieter in solchen Fällen, den Eigenbedarf vorzutäuschen, in dem behauptet wird, Kinder oder Dritte würden einziehen wollen, wobei sich aber nachher herausstellt, dass diese das niemals vorhatten. Mandanten, die im Beratungsgespräch sowas andenken, bekommen von uns Klartext, wie gefährlich das sein kann: Denn wer so täuscht, der zahlt drauf. Und zwar im schlimmsten Fall sehr viel.

Wie lto.de berichtet, hat der BGH mit Urteil vom 10.06.2015 – Az. VIII ZR 99/14 – einem Mieter Recht gegeben, der vom ehemaligen Vermieter, der behauptet hatte, seine Wohnung würde für den Hausmeister gebraucht, die Differenz der erhöhten Miete der neuen Wohnung, den längeren Weg zur Arbeit und die Prozesskosten im Räumungsprozess – insgesamt ca. 25.800,00 €(!) – verlangt hat.

Das Interessante an diesem Fall war, dass der Räumungsprozess mit einem Vergleich endete. Dieser – so der BGH – unterbreche aber nicht den Zurechnungszusammenhang zwischen Täuschung und Schaden. Nur wenn im Vergleich unmissverständlich der Wille dokumentiert ist, auf jegliche Ansprüche zu verzichten oder wenn der Mieter sich ausweislich des Vergleichs klar sein muss, dass er auch auf solche Ansprüche verzichtet, etwa weil der Vermieter im Gegenzug gewichtige Zugeständnisse mache, sei ein wirksamer Verzicht zu bejahen. Dies lag aber nicht vor.

Hinweis:
Die Entscheidung zeigt, dass nur immer wieder davor gewarnt werden kann, Eigenbedarf vorzutäuschen. Das Risiko, dass später die Täuschung auffliegt, ist sehr hoch und die möglichen Kosten, die dann auf einen zukommen, übersteigen oftmals den möglichen Gewinn durch die Räumung des Mieters. Fehlt es an einem Eigenbedarfsgrund und liegen auch sonstige Kündigungsgründe nicht vor, so wird es unterm Strich wirtschaftlich günstiger sein, den Mieter mit finanziellen Anreizen zum Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags zu bewegen.

Dass der Mieter bei Abschluss eines Räumungsvergleichs die Möglichkeit bedenkt, dass er Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter haben könnte, wenn der Eigenbedarf nicht vorliegt, dürfte in der Praxis nicht die Regel sein. Ist vor Gericht jedoch die Möglichkeit des Nichtvorliegens des Eigenbedarfs bereits erörtert und Grundlage des Vergleichs geworden, so sollte dies im Rahmen der Abgeltungsklausel auch besonders Erwähnung finden.

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