Abmahneritis: Die Schriftsätze der Gegenseite [Update]

Zusammen mit dem Verweisungsbeschluss hat das LG München II auch zwei Schriftsätze des Kollegen Winter mitgesandt, in welchen er zum ersten Mal – wenn auch m.M.n. unzutreffend – ausführt, wieso sein Anspruch begründet sein soll. Eine kurze Durchsicht offenbart einige Ungereimtheiten (wenn er davon ausgeht, dass ich in München tätig wäre, wieso verklagt er mich dann am LG München II?) und verkürzte Zitate (so steht z.B. im zitierten Urteil des LG Heidelberg vom 23.05.2012, Az. 1 S 58/11, mit welchem er belegen möchte, dass auch Angestellte genauso gegen das UWG verstoßen können, kurze Zeit später der Satz “Die Firma, unter deren Namen der Beklagte auf der Plattform XING aufgetreten ist, beschäftigt sich ausweislich ihrer Firmierung (… P. GmbH) ebenfalls mit der Vermittlung von IT-Fachkräften”, also der Hinweis, dass es sich um ein eindeutig gewerblichen Auftreten gehandelt hatte).

Leider sind die Schriftsätze – anders als die Abmahnung und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – nicht als erkennbar aus Textbausteinen gefertigt worden, so dass die Gefahr besteht, dass sie dem Urheberrecht unterliegen, so dass ich sie nicht ohne Zustimmung des Kollegen Winter veröffentlichen kann. Da er im Schriftsatz vom 17.02.2014 ausdrücklich diesen Blog erwähnt (und mit dem Hinweis “Auf dessen Niveau einzugehen” läge ihm fern garniert), kann ich davon ausgehen, dass er hier mitliest und mir daher gerne die Veröffentlichung erlauben kann. Wenn er sich so sicher in seiner Argumentation ist, dann ist das sicher kein Problem.

Ich für meinen Teil muss erst einmal abwarten, wie das LG München I weiter verfährt und hoffen, dass sich der zuständige Richter nicht vom Schriftsatz der Gegenseite blenden lässt, sondern die selbe Auffassung vertritt wie sein Kollege am LG München II und den Antrag zurückweist.

PS: Ein wenig belastend ist das Ganze aber auf jeden Fall. Für einen Berufsanfänger nach ca. 4 Monaten Zulassung ist es (vorsichtig ausgedrückt) finanziell nicht gerade einfach, falls ein Gericht mich tatsächlich dazu verdonnern würde, dem Kollegen Winter seine Gebühren aus einem Streitwert von 10.000,00 Euro zu bezahlen. Es wäre schon interessant zu wissen, wieso der Kollege Winter mich ins Visier genommen hat. Daran, dass ich “Spezialisten auf diesem Rechtsgebiet bezeichnen” würde (wie er gegenüber der FAZ behauptet), kann es nicht liegen.

Update [06.03.2014, 10:50 Uhr]:
Was ich veröffentlichen kann, ist ein vom Kollegen Winter mit seinem Schriftsatz mitgesandter Beschluss des LG Dortmund vom 06.02.2014 – Az. 5 O 107/14. Leider ist dieser nur insoweit informativ, als dass daraus hervorgeht, dass das Gericht entschieden hat, dass irgendwer (Sachverhalt fehlt) aus irgendwelchen Gründen (Begründung fehlt) ein Impressum bei XING haben müsse und dass der Verfahrenswert 10.000,00 Euro betragen soll (Begründung fehlt).

9 Gedanken zu „Abmahneritis: Die Schriftsätze der Gegenseite [Update]

  1. Ich wünsche Ihnen alles Gute und jeden erdenklichen Erfolg. Egal mit wem ich spreche oder was ich von ihm höre, keiner mag diesen Herrn Winter oder denkt Gutes über ihn. Das Geld würde diesem wahrscheinlich sehr traurigen und einsamen Menschen auch nichts mehr nützen. Bei Ihnen bin ich mir sicher, dass Sie es niemals zum “Führerscheinretter” bringen werden…müssen. 😉

  2. Zum Ursprung der Angelegenheit zurückkehrend entzieht es sich meinem Verständnis, wie aus einer solchen Angelegenheit ein Streitwert von 10.000 € hergeleitet werden kann. Nach meiner Rechtsauffassung ergibt sich auch in solchen Fällen der Streitwert aus einem tatsächlich entstandenen Schaden (der dem Kläger tatsächlich entstandene Schaden, der nachzuweisen ist). Die inzwischen beliebte Methode des Mißbrauchs einer Rechtslücke, wie sie z. B. bei einstweiligen Anordnungen möglich ist (der Antragsteller, also die Partei, setzt einen beliebigen Streitwert ein, um Kosten zu produzieren), würde ich für unlauter und dem Sinn der Rechtsprechung widersprechend halten.

    • Das Problem ist, dass manche Gerichte dies gerne ohne weitere Prüfung übernehmen. Der Kollege Winter hat z.B. einen Beschluss des LG Dortmund vom 06.02.2014 mitgesandt, in welchem in einem seiner Parallelverfahren so entschieden wurde. Den Beschluss (der nicht wirklich informativ ist, weil er keine Gründe oder Sachverhalt enthält) habe ich oben mit ergänzt.

  3. Die Schriftsätze sind “nicht als erkennbar aus Textbausteinen gefertigt worden…”.
    Haben diese Schriftsätze denn auch die nötige Schöpfungshöhe, damit sie dem Urheberrecht unterfallen?

    • Das ist gerade die Frage, die ich als Nichtexperte auf diesem Gebiet nicht beantworten kann und daher zugunsten des Kollegen Winter annehme.

  4. Als Satire sind die Schriftsätze / Anträge schutzfähig, wenn die Satire beabsichtigt war, wobei dies wie in vielen Fällen unglücklich formulierter Schriftsätze nicht der Fall gewesen sein dürfte.

    Da das Gericht bisher keine Verfügung erlassen haben dürfte, würde ich vorsichtg tippen, dass dies nicht mehr geschieht.
    Offenbar beeilt es sich nicht ( im Eilverfahren ). Das lässt immer Rückschlüsse auf den Meinungsstand zu.

    Man müsste die Elaborate, um sie schutzfähig werden zu lassen, in ein größeres Werk einbauen, etwa einen Thriller
    mit dem Titel “Die Kreaturen des Dr. Dr. Tinturius”.

    • Nach dem jetzigen Stande käme dann wohl in Frage, die Schriftsätze des Gegners nach §57 UrhG als unwesentliches Beiwerk zu werten?

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