beA wohl nicht kompatibel mit § 53 BRAO [Update]

§ 53 BRAO regelt die Bestellung eines allgemeinen Vertreters für den Fall, dass ein Rechtsanwalt für länger als eine Woche abwesend oder berufsunfähig ist. Dies ist besonders wichtig für Mandanten, damit auch bei längerer Abwesenheit des beauftragten Rechtsanwalts kein Stillstand eintritt. Wenn der Rechtsanwalt nicht freiwillig einen Vertreter bestellt, so hat die für ihn zuständige Rechtsanwaltskammer (RAK) auch gegen seinen Willen von Amts wegen einen Vertreter bestellen (§ 53 V BRAO). Und weil der Vertreter dafür sorgen soll, dass die Mandate des Kollegen notfalls auch gegen seinen Willen betreut werden können, regelt § 53 X BRAO u. a. folgendes:

Der von Amts wegen bestellte Vertreter ist berechtigt, die Kanzleiräume zu betreten und die zur Kanzlei gehörenden Gegenstände einschließlich des der anwaltlichen Verwahrung unterliegenden Treugutes in Besitz zu nehmen, herauszuverlangen und hierüber zu verfügen. An Weisungen des Vertretenen ist er nicht gebunden. Der Vertretene darf die Tätigkeit des Vertreters nicht beeinträchtigen. […]

Das bedeutet, dass der Vertreter wie der Vertretene agieren können soll und muss, um Schaden von den Mandanten abzuwenden, also vor allem auch Briefpost und andere Dokumente entgegennehmen und einzusehen.

Als man das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erdacht hat, hat man scheinbar diese Regelung übersehen. Denn wie mir die nette Dame von der BRAK auf meine E-Mail vom letzten Monat so hilfreich geantwortet hat, hat

aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen im beA-System […] niemand außer dem Postfachinhaber und von ihm authorisierte Personen Zugriff auf die Nachrichteninhalte in einem beA. Ohne das Zutun des vertretenen Rechtsanwalts kann die zuständige RAK den amtlich bestellten Vertreter lediglich insoweit berechtigen, dass er eine Übersicht aller Nachrichten ohne die Betreffzeile sieht. Dies liegt daran, dass auch die Betreffzeile Ende-zu-Ende verschlüsselt ist und daher nicht von unberechtigten Dritten eingesehen werden kann.

Logische Folge für den Fall, dass das beA irgendwann mal kommt und tatsächlich eingesetzt wird: Die RAK kann einen Vertreter von Amts wegen bestellen, wenn dieser aber seine Mitarbeit verweigert, kann der auf das beA nicht zugreifen und damit keine dadurch zugestellten Dokumente einsehen. Ob das so gewollt war?

Update (2502.2016, 16.05 Uhr):

Wie ein aufmerksamer Leser im Kommentar (s. u.) mitgeteilt, könnte sich das selbe Problem auch im Rahmen des § 55 BRAO stellen, wenn der Rechtsanwalt verstorben (§ 55 I) oder seine Zulassung erloschen (§ 55 VI) ist.