Klageerhebung prae­cox

Wer unter dem medizinischen Problem leidet, dass der Arzt als Ejaculatio praecox kennt, der (und dessen Partner/in) ist oft zu bemitleiden. Da wird vorzeitig etwas verpulvert, wo doch der spätere “Schuss” für alle viel befriedigender wäre.

Auch manche Kollegen (und/oder deren Mandanten) scheinen unter eine Variation dieses Problems zu leiden, welches ich “Klageerhebung praecox” getauft habe. Es ist das Problem, zwanghaft Klage erheben zu müssen, obwohl die Gegenseite zu einer außergerichtlichen Lösung bereit ist, keine Ausschluss- oder Verjährungsfristen zur Klage zwingen und der Gesetzgeber im RVG die außergerichtliche vergleichsweise Beilegung mit höheren Gebühren belohnt.

So auch in einer arbeitsgerichtlichen Klage, die mir auf dem Tisch liegt:
3 Wochen nach Ende des Arbeitsverhältnisses machte der ehemalige Arbeitnehmer eine Reihe von Beträgen geltend, die der Mandant bei besten Willen nur zum Teil nachvollziehen konnte. Wir schreiben dem gegnerischen Kollegen also umgehend zurück, dass manche Beträge so nicht stimmen, andere zugestanden werden und für den Rest um Erklärung gebeten werde. Dann werde der Mandant die offenen Beträge auch sicher auszahlen. Es folgt erstmal: nichts.

Nach einem Monat wird dem Mandanten die Klage zugestellt, die leider weiterhin nicht nachvollziehbar Beträge in den Raum wirft, aber der dankenswerterweise unseren Schriftsatz beiliegt (Substantiierung ade). Jetzt muss das Gericht halt fragen, wie der Gegner auf die Beträge kommt. Auch wenn Rosenheim ganz nett ist, den Ausflug dorthin hätte man sich eigentlich sparen können…