“Keine Ahnung, wieso die das so aufgeschrieben haben…”

Kurze Beweisaufnahme beim AG Ebersberg um die Ecke. Ein Autofahrer will Schadensersatz und Schmerzensgeld von unserer Mandantin.

Der Sachverhalt:

Fahrerin des Beklagtenfahrzeugs geht im August 2013 ohne Vorwarnung das Benzin aus, sie muss ihr weißes Fahrzeug auf der Landstraße gegen 15:00 Uhr unter einer Brücke abstellen. Weil ihr Warndreieck fehlt, befestigt sie eine Warnweste 100 Meter vom Auto entfernt, schaltet die Warnblinker ein und lässt sich dann von einem vorbeikommenden Fahrer zur nächsten Tankstelle mitnehmen. Bis sie alles erledigt hat und jemanden hat, der sie zurückfährt, ist es kurz nach fünf. Als sie zurückkommt, staunt sie nicht schlecht, dass ihr jemand ins Auto gefahren ist, nachdem über eine Stunde lang alle Autofahrer ohne Probleme die Gefahr erkannt hatten und ausgewichen sind.

Der rammende Autofahrer behauptet nun, das Fahrzeug sei ungesichert, ohne Warnblinklicht gestanden, und sei – obwohl weiß im Schatten einer Brücke – auch nicht erkennbar gewesen.

Nachdem die Fahrerin bereits die Sachlage geschildert hat und ein weiterer Zeuge angegeben hat, dass er auch ein Fahrzeug mit Warnblinker gesehen hat, kam vom Zeugen Nummer drei die Aussage, schriftlich, er habe keinen Warnblinker gesehen. Weil er bei der Polizei aber genau das Gegenteil gesagt hat, musste er persönlich anreisen.

Der Zeuge kam und wiederholte, dass er keinen Warnblinker gesehen habe. Auch das Fahrzeug habe er als solches nicht erkannt, sondern nur irgendwas reflektierendes.

Auf die Widersprüche zu seiner polizeilichen Aussage angesprochen – immerhin direkt nach dem Unfall gemacht – antwortet er nur, dass er das nicht so gesagt habe. Er habe “keine Ahnung, wieso die das so aufgeschrieben haben…”

Das kann noch spannend werden.

5 Gedanken zu „“Keine Ahnung, wieso die das so aufgeschrieben haben…”

    • Laut Zeugenaussage zumindest fehlerhaft. Die Fahrerin hatte ausgesagt, dass kurz vorm Stehen bleiben die Reserveleuchte anging. Mit Reservetank wäre sie aber von der Stelle ohne Probleme noch zur nächsten Tankstelle gekommen.

  1. Nicht umsonst bin ich ein entschiedener Gegner der Verfälschung von Aussagen bei der Einvernahme! Wenn der Polizist aufschreibt, was ich sage (Wort für Wort) kann ich hinterher auch dazu stehen. Aber die Herren schreiben ja gerne, was sie verstanden zu haben glauben 🙁

    • Deshalb lässt man ja den Zeugen danach unterschreiben. Das wurde in dem Fall nur vergessen(?). Das bedeutet aber auch nicht unbedingt, dass die protokollierte Aussage falsch war. Manche Zeugen sind nämlich nicht bereit einzusehen, dass sie über ein Jahr nach einem Ereignis sich daran vielleicht nicht mehr ganz so sicher erinnern.

      • Deshalb ist es auch so teuer, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen: Man braucht einen Anwalt, der Akteneinsicht besorgt, um seine Erinnerungen nochmals aufzufrischen.

        Apropos “besonders geschulter und vertrauenswürdiger Zeuge”: Der Polizist (als Zeuge) hat das gratis.

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