BGH: Vermieter darf mit Kündigung warten

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Der u. a. für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 13.07.2016 – Az. VIII ZR 296/15 – entschieden, dass § 314 III BGB im Wohnraummietrecht keine Anwendung findet (bisher gibt es nur die Pressemitteilung des Gerichts). Diese Norm regelt, dass die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen nur “innerhalb einer angemessenen Frist” möglich sei. Was angemessen ist, das entscheidet im Zweifel ein Gericht.

Das LG Düsseldorf (Urteil vom 16. Dezember 2015 – Az. 5 S 40/15) war als Vorinstanz noch davon ausgegangen, dass auch die fristlose Kündigung nach § 543 II Nr. 3 BGB nur binnen einer solchen Frist möglich sei und hat ein Urteil des AG Düsseldorf aufgehoben, welches eine Mieterin zur Räumung verurteilt hatte, die zwei Monatsmieten nicht bezahlt hatte, der aber erst 8 Monate später gekündigt worden war.

Der BGH sieht dies – zu Recht – anders und verweist darauf, dass §§ 543, 569 BGB die Kündigungsmodalitäten abschließend regelt. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich entschieden, dass der Mieter die Kündigung durch vorherige Befriedigung (einmal alle zwei Jahre) abwenden können soll, aber ansonsten keine Zeitbegrenzung besteht. Lediglich die Verwirkung kann eine Grenze darstellen, die jedoch nach 8 Monaten noch nicht erreicht ist.

Auch wenn es paradox klingen mag, ist dieses Urteil positiv für Vermieter und Mieter zugleich. Vermieter haben Rechtssicherheit, dass die Kündigung nicht an unbestimmbaren Fristen scheitert und Mieter müssen nicht damit rechnen, dass der Vermieter ihnen nun – um solchen Fristproblemen vorzubeugen – sofort kündigt, ohne dass die Gelegenheit der Nachzahlung eingeräumt wird.

Neues vom BGH zum Filesharing, heute u. a. mit keine Belehrungspflicht für volljährige Anschlussnutzer

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Der I. Zivilsenat des BGH wird weiterhin mit Filesharing-Fällen überschwemmt und trifft neben vereinzelter sinnvoller Entscheidungen weiterhin Entscheidungen, die einen zu denken geben müssen. Heute, 12.05.2016, wurden wieder eine Reihe Urteile veröffentlicht, die bisher nur in Form dieser Pressemitteilung vorliegen.

In den Verfahren mit den Az. I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15 und I ZR 44/15 hat der BGH die Urteile auf Revision der Abmahnindustrie aufgehoben und zurückverwiesen, weil die Vorinstanz nur schematisch den Gegenstandswert bemessen hat. Der BGH verlangt eine genaue tatsächliche Feststellungen, “etwa zum wirtschaftlichen Wert des verletzten Rechts, zur Aktualität und Popularität des Werks, zur Intensität und Dauer der Rechtsverletzung sowie zu subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers”, was die Arbeit der Instanzgerichte in solchen Fällen stark erschweren dürfte. Dies könnte auch ein Ansatzpunkt für die Verteidigung gegen solcherlei Vorwürfe sein. Andererseits besteht die Gefahr, dass die Gerichte nun weitaus höhere Beträge ausurteilen, gerade wenn aktuelle populäre Werke betroffen sind.

Im Verfahren mit dem Az. I ZR 48/15 hat das OLG Köln mit Urteil vom 6. Februar 2015 – Az. 6 U 209/13 – einen Familienvater, der auf die mögliche Täterschaft seiner Ehefrau und seiner damals 15 und 17 Jahre alten Kinder verwiesen hatte, verurteilt. Der BGH hält die Verurteilung, weil der Beklagte nicht hinreichend konkret vorgetragen habe, dass seine Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Problematisch war für den Anschlussinhaber, dass die Ehefrau als Zeugin ausgesagt hatte, dass sie die Kinder immer im Blick gehabt hatte, so dass diese gar kein Filesharing hätten betreiben können. Insoweit ist es also ein spezieller Einzelfall, der grundsätzlich nicht verallgemeinert werden kann. Es ist aber davon auszugehen, dass die Abmahnindustrie dies versuchen wird.

Ein Lichtblick für Abgemahnte gibt es im Verfahren mit dem Az. I ZR 86/15: Der BGH stellt klar, dass den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht trifft. Er habt damit ein Urteil des LG Hamburg vom 20. März 2015 – Az. 310 S 23/14 – auf, welches zu Recht für die Überspannung der Aufklärungspflichten kritisiert wurde.

BGH: Keine außerordentliche Kündigung des Fitnessstudiovertrags bei berufsbedingten Wohnsitzwechsel

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Es war schon lange die Linie der meisten Gerichte, nun hat auch der BGH mit Urteil vom 04.05.2016 – Az. XII ZR 62/15 – entschieden, dass ein Fitnessstudiokunde den Vertrag nicht gem. §§ 314, 543, 626 BGB außerordentlich kündigen kann, wenn er sich entscheidet, einen Arbeitsplatz an einem anderen Ort anzunehmen und deshalb die Leistungen nicht mehr nutzen kann (bisher gibt es nur diese Pressemitteilung). Im entschiedenen Fall wollte ein Berufssoldat seinen Vertrag kündigen, weil er in andere Städte abkommandiert wurde.

Ausdrücklich anders ist laut BGH die Rechtslage dann aber zu beurteilen, wenn aufgrund Krankheit oder Schwangerschaft die Nutzung nicht mehr möglich ist. Noch unentschieden ist, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn der Kunde die Verletzung, die ihn an der Nutzung hindert, selbst verschuldet hat. Richtigerweise wird man solche Fälle gleich wie den Fall des Wohnsitzwechsels behandeln müssen, da im Vordergrund die Frage steht, ob der Kunde die Nutzungshinderung selbst verursacht hat. Auch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe wäre streng genommen als selbstverschuldetes Nutzungshindernis einzustufen.

Die Entscheidung ist sachgerecht, da dem Fitnessstudiobetreiber nicht das Risiko zuzuordnen ist, dass sich der Kunde beruflich umorientieren will, da der Kunde meist die Entscheidung darüber frei in der Hand hat. Der BGH stellt aber auch klar, dass besondere Umstände, die zu einem Wohnsitzwechsel geführt haben, ausnahmsweise eine andere Beurteilung zur Folge haben können. Ist der Wohnsitzwechsel also aus bestimmten Gründen erzwungen – z. B. weil eine stationäre Behandlung an einem bestimmten Ort erforderlich ist oder weil überraschend die Pflege von Angehörigen erforderlich wird – so kann eine außerordentliche Kündigung weiterhin erfolgreich sein.

Was wiederum beweist: Auf den Einzelfall kommt es an – und auf die Beratung durch einen kompetenten Anwalt.

Die erstaunte Staatsanwältin

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Quelle: Pixabay.com (gemeinfrei)

In der lokalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung wird heute über eine Verhandlung beim AG München – Az. 1031 Ds 467 Js 203867/15 jug – berichtet, in der ein Angeklagter freigesprochen wurde, weil auf einem von der Polizei gedrehten Video eindeutig zu erkennen war, dass er in Notwehr gehandelt hat. Zitat aus dem Bericht:

Der Richter ließ sich in der Verhandlung die maßgeblichen Videosequenzen vorspielen. Daraufhin großes Erstaunen, selbst bei der Staatsanwältin im Sitzungssaal: Es war deutlich zu sehen, dass die Aggression zunächst eindeutig nicht von dem jungen Mann ausgegangen ist, sondern von dem vermeintlichen Opfer. (Hervorhebung von mir)

Was leider in dem Bericht nicht steht: Wieso war die Staatsanwältin denn so erstaunt? Weil das von der Anklage in den Prozess eingeführte Video die Unschuld des Angeklagten bewiesen hat? Oder weil offensichtlich sowohl Polizei als auch der ermittelnde Staatsanwalt (nicht unbedingt derjenige, der dann die Anklage vor Gericht verteidigen muss) massiv geschlampt und das Video gar nicht angesehen haben? Oder gar Anklage trotz eindeutigen Entlastungsbeweis erhoben wurde?

Bin ich entsetzt, dass es zu einer Anklage kommt, obwohl kein hinreichender Tatverdacht bestand? Das auf jeden Fall. Bin ich erstaunt darüber? Leider nicht mehr. Ein Glück für den Angeklagten, dass zumindest der Richter in diesem Fall seine Arbeit gemacht hat. Auch darauf können unschuldig Angeklagte leider nicht immer hoffen…

OLG München: Eltern müssen bei Filesharing Kinder denunzieren

So kann man die Entscheidung des OLG München vom 14.01.2015 – Az. 29 U 2593/15 – wohl zusammenfassen. Wie mehrere Medien berichten (u. a. Focus, Welt etc.) hat der zuständige Senat die selbst für Münchner Verhältnisse “gewagte” Entscheidung des LG München I vom 01.07.2015 – Az. 37 O 5394/14 – gehalten, wonach Eltern, in deren Haushalt eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat, nicht nur verpflichtet sind, den wahren Täter zu ermitteln, sondern darüber hinaus auch noch das Ergebnis ihrer Ermittlungen dem Rechteinhaber mitzuteilen, damit dieser dann gegen das Familienmitglied vorgehen kann. Verweigert das Familienmitglied zu Recht nach § 383 I Nr. 3 ZPO die Aussage, so sei der Anschlussinhaber beweisfällig geblieben und hafte nach den Grundsätzen der Anscheinshaftung (das sah die Rechtsprechung bisher aus guten Gründen anders, vgl. z. B.  AG Passau, Urteil vom 30.12.2015 – Az. 15 C 582/15: “Eine derartige Anforderung überspannt das Ausmaß der sekundären Darlegungslast des Beklagten und sind aus rechtsstaatliehen Gesichtspunkten nicht zu erfüllen”).

Für das OLG München ist in der Abwägung zwischen Art. 6 GG und Art. 14 GG letzterem Grundrecht der Vorrang zu geben, weil ansonsten die Rechteinhaber schutzlos gestellt seien. Dies mag der Fall sein, übersieht aber, dass damit der Schutz der Familie in solchen Fällen effektiv ausgehöhlt wird, da es im Ergebnis dazu führen wird, dass Eltern in aller Regel Ansprüche befriedigen werden, weil sie nicht ihre Kinder als Verantwortliche benennen wollen. Inwieweit dies mit § 383 ZPO bzw. § 52 StPO vereinbar sein soll, ist nicht ersichtlich; ob die schriftlichen Urteilsgründe dies erklären können, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Für die Abmahnindustrie wird dieses Urteil Wasser auf die Mühlen sein. Ob man hoffen kann, dass der BGH dies in der zugelassenen Revision wieder korrigiert, ist nach Tauschbörse I-III fraglich. Möglicherweise muss – gerade unter dem Gesichtspunkt des Familienschutzes – das Bundesverfassungsgericht eingreifen.

[ via Liz Collet ]

Nachtrag (14.01.2016, 14.00 Uhr): Hier findet sich die Pressemitteilung des OLG München zu diesem Fall.

BGH’sche Definitionen – Heute: Das Wort “Witwe”

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Frau, deren Ehemann gestorben ist

Soweit der Duden. Der BGH sieht das in manchen Fällen anders und definiert das Wort kurzerhand um.

Diesen Eindruck bekommt man zumindest bei BGH, Urteil vom 22.07.2015 – Az. IV ZR 437/14. Wie u. a. lto.de berichtet, hat der BGH in diesem Fall entschieden, dass Begünstigte einer Lebensversicherung nach Versterben des Versicherungsnehmers diejenige Ehefrau ist, mit der die Ehe bei Vertragsschluss oder zum Zeitpunkt der Einsetzung der “Witwe” als Bezugsberechtigte bestand und nicht diejenige, mit der der Versicherungsnehmer bei seinem Tod verheiratet war. Nur wenn der Versicherungsnehmer der Versicherung schriftlich die Änderung der Bezugsberechtigten mitteilt, so sei die neue Ehefrau berechtigt. Eine – in diesem Fall stattgefundene – telefonische Mitteilung genüge nicht.

Wie lto.de weiter berichtet, hat das OLG Frankfurt am Main als Vorinstanz dies wohl pragmatischer gesehen und als Witwe diejenige Ehefrau angesehen, mit der die Ehe zum Zeitpunkt des Todes bestand. Dies dürfte auch im Sinne der Versicherungsnehmers gewesen sein, der nun (zum Glück?) nicht mehr miterleben muss, wie seine Ex-Frau das Geld bekommt und seine zweite Ehefrau entgegen seines Willens leer ausgeht.

Keine bundesdeutsche “Herdprämie” – BVerfG kippt CSU-Projekt Betreuungsgeld

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Mit Urteil vom 21.07.2015 – Az. 1 BvF 2/13 – hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz über die umstrittene “Herdprämie”, wie das 2013 auf Betreiben der CSU eingeführte Betreuungsgeld gern genannt wird, für verfassungswidrig erklärt.
Die Nichtigkeit betrifft die durch dieses Gesetz eingeführten §§ 4a bis 4d BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).

Grund für die Verfassungswidrigkeit waren aber nicht die vielen sachlichen Gründe, die es unsinnig erscheinen zu lassen, gerade diejenigen zu belohnen, die sich der frühkindlichen Integration widersetzen oder mögliche Verletzungen von Grundrechten, sondern schlicht und einfach, dass der Bund hierfür nicht zuständig war. Art. 74 I Nr. 7 GG erlaubt zwar solche Regelungen, aber gem. Art. 72 II GG nur, wenn und soweit “die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.” Dies sahen die Karlsruher Richter nicht als gegeben an.

Um  die entscheidende Frage haben sich die Richter mit dieser Entscheidung daher “drücken” können:

BGH (mal wieder) zu den Gefahren des Vortäuschens des Eigenbedarfs

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Vermieter haben es – vom Gesetzgeber so gewollt – nach unserem Rechtssystem schwer, einen Wohnungsmieter loszuwerden, der sich nichts (Gravierendes) zu schulden kommen hat lassen. Einem Mieter, der seinem Vermieter “nicht nach dem Leben trachtet” und seine Miete immer pünktlich und vollständig zahlt, kann nach § 573 BGB (von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen) nur gekündigt werden, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran hat, wobei das Gesetz in § 573 II BGB drei Beispiele (“insbesondere”) nennt. Verletzt der Mieter seine Pflichten nicht (erheblich) (§ 573 II Nr. 1 BGB) und ist das Haus (überspitzt formuliert) nicht eine Ruine, so dass nur deren Abriss und Neubau den Vermieter vor dem sicheren Ruin retten kann (§ 573 II Nr. 3 BGB), bleibt in den meisten Fällen nur den Eigenbedarf (§ 573 II Nr. 2 BGB).

Das stellt natürlich den Vermieter vor Probleme, der keinen Eigenbedarf hat, aber den Mieter draußen haben will. Vielfach versuchen windige findige Vermieter in solchen Fällen, den Eigenbedarf vorzutäuschen, in dem behauptet wird, Kinder oder Dritte würden einziehen wollen, wobei sich aber nachher herausstellt, dass diese das niemals vorhatten. Mandanten, die im Beratungsgespräch sowas andenken, bekommen von uns Klartext, wie gefährlich das sein kann: Denn wer so täuscht, der zahlt drauf. Und zwar im schlimmsten Fall sehr viel.

Wie lto.de berichtet, hat der BGH mit Urteil vom 10.06.2015 – Az. VIII ZR 99/14 – einem Mieter Recht gegeben, der vom ehemaligen Vermieter, der behauptet hatte, seine Wohnung würde für den Hausmeister gebraucht, die Differenz der erhöhten Miete der neuen Wohnung, den längeren Weg zur Arbeit und die Prozesskosten im Räumungsprozess – insgesamt ca. 25.800,00 €(!) – verlangt hat.

Das Interessante an diesem Fall war, dass der Räumungsprozess mit einem Vergleich endete. Dieser – so der BGH – unterbreche aber nicht den Zurechnungszusammenhang zwischen Täuschung und Schaden. Nur wenn im Vergleich unmissverständlich der Wille dokumentiert ist, auf jegliche Ansprüche zu verzichten oder wenn der Mieter sich ausweislich des Vergleichs klar sein muss, dass er auch auf solche Ansprüche verzichtet, etwa weil der Vermieter im Gegenzug gewichtige Zugeständnisse mache, sei ein wirksamer Verzicht zu bejahen. Dies lag aber nicht vor.

Hinweis:
Die Entscheidung zeigt, dass nur immer wieder davor gewarnt werden kann, Eigenbedarf vorzutäuschen. Das Risiko, dass später die Täuschung auffliegt, ist sehr hoch und die möglichen Kosten, die dann auf einen zukommen, übersteigen oftmals den möglichen Gewinn durch die Räumung des Mieters. Fehlt es an einem Eigenbedarfsgrund und liegen auch sonstige Kündigungsgründe nicht vor, so wird es unterm Strich wirtschaftlich günstiger sein, den Mieter mit finanziellen Anreizen zum Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags zu bewegen.

Dass der Mieter bei Abschluss eines Räumungsvergleichs die Möglichkeit bedenkt, dass er Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter haben könnte, wenn der Eigenbedarf nicht vorliegt, dürfte in der Praxis nicht die Regel sein. Ist vor Gericht jedoch die Möglichkeit des Nichtvorliegens des Eigenbedarfs bereits erörtert und Grundlage des Vergleichs geworden, so sollte dies im Rahmen der Abgeltungsklausel auch besonders Erwähnung finden.

Frustrierende Einzeiler

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Das Amtsgericht hatte sich wirklich nicht mit Ruhm bekleckert in seinem Urteil. Zukünftige Ereignisse wurden als Vergangenheit dargestellt, Daten frei erfunden (was auch aus den Urteilsgründen ersichtlich war), zwingendes Recht nicht beachtet und Rechtsprechung zur Wirkungslosigkeit des Fahrverbots nach Zeitablauf einfach mal ignoriert bzw. eine fixe 2-Jahres-Grenze erfunden, die es so nicht gibt (da hat mir sogar die GenStA zugestimmt).

Bei Einlegen der Rechtsbeschwerde war ich daher frohen Mutes und habe in deren Begründung inbesondere ausführlich darauf hingewiesen, dass nach h. M. 22 Monate nach der Tat die Erziehungsfunktion eines Fahrverbots i. d. R. zu verneinen ist, wenn der Betroffene sich seit der Tat vorbildlich verhalten hat (vgl. BGH zfs 2004, 133: 1 Jahr und 9 Monate; OLG Hamm NZV 2004, 598: 16 Monate zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung, 22 Monate zum Zeitpunkt des Urteils in der Revisionsinstanz; OLG Zweibrücken, NZV 2014, 479: 1 Jahr und 8 Monate; OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.08.2011 – Az. 1 Ss Bs 24/11: 1 Jahr und 5 Monate) und dass doch zumindest jetzt die magischen 2 Jahre, die das Gericht für erforderlich erachtet hat, abgelaufen sind (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.08.2011 – Az. 1 Ss Bs 24/11; OLG Bremen, NStZ-RR 2014, 257; BayObLG, NZV 2004, 100).

Das OLG Bamberg interessiert das alles nicht, es kommt ein Einzeiler ohne jegliche Begründung:

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaften Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Ich weiß ja, dass das Massenverfahren beim OLG sind, für die wenig Zeit ist, weil die Regierung sich mal eingebildet hat, alle Rechtsbeschwerden aus ganz Bayern könnten dort bearbeitet werden, aber trotzdem könnte man ja erwarten, dass zumindest erklärt wird, wieso man die Rechtsprechung des BGHs und der anderen OLGs ablehnt. Aber da spricht wohl der – mit jeder solchen Entscheidung ein Stück weit sterbende – Idealist in mir…

BVerfG: Keine einstweilige Anordnung gegen Bestellerprinzip für Wohnraummakler

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Die Zweite Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 13. Mai 2015 – 1 BvQ 9/15 – der heute erst veröffentlicht wurde (Pressemitteilung) – entschieden, dass kein Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfahren der Verfassungsbeschwerde besteht, die zwei Makler und ein (Alibi-)Mieter gegen die Art. 3 Nr. 1 a), b), e), Nr. 2 und Nr. 5 a) aa) des Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl I S. 610) – vulgo: Bestellerprinzip für Makler – eingereicht haben.

Begründet wurde es bezüglich der Makler wie folgt:

Der erste Antragsteller behauptet  angesichts seiner weiteren Einnahmequellen nicht einmal, dass die Einführung des „Bestellerprinzips“ den Fortbestand seines Unternehmens gefährden könnte. Demgegenüber macht der zweite Antragsteller zwar geltend, dass ihm die Insolvenz drohe, falls das Mietrechtsnovellierungsgesetz in Kraft trete, belegt dies allerdings nicht durch konkrete Zahlen.

Die Verfassungsbeschwerde des (Alibi-)Mieters erachtet die Kammer – zutreffend – als offensichtlich unzulässig, weil nicht erkennbar ist, wie der Mieter in seiner Vertragsfreiheit nach Art. 2 I GG verletzt sein soll, wenn er ja weiterhin Makler beauftragen und ihnen Courtage zahlen kann.