OLG München: Eltern müssen bei Filesharing Kinder denunzieren

So kann man die Entscheidung des OLG München vom 14.01.2015 – Az. 29 U 2593/15 – wohl zusammenfassen. Wie mehrere Medien berichten (u. a. Focus, Welt etc.) hat der zuständige Senat die selbst für Münchner Verhältnisse “gewagte” Entscheidung des LG München I vom 01.07.2015 – Az. 37 O 5394/14 – gehalten, wonach Eltern, in deren Haushalt eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat, nicht nur verpflichtet sind, den wahren Täter zu ermitteln, sondern darüber hinaus auch noch das Ergebnis ihrer Ermittlungen dem Rechteinhaber mitzuteilen, damit dieser dann gegen das Familienmitglied vorgehen kann. Verweigert das Familienmitglied zu Recht nach § 383 I Nr. 3 ZPO die Aussage, so sei der Anschlussinhaber beweisfällig geblieben und hafte nach den Grundsätzen der Anscheinshaftung (das sah die Rechtsprechung bisher aus guten Gründen anders, vgl. z. B.  AG Passau, Urteil vom 30.12.2015 – Az. 15 C 582/15: “Eine derartige Anforderung überspannt das Ausmaß der sekundären Darlegungslast des Beklagten und sind aus rechtsstaatliehen Gesichtspunkten nicht zu erfüllen”).

Für das OLG München ist in der Abwägung zwischen Art. 6 GG und Art. 14 GG letzterem Grundrecht der Vorrang zu geben, weil ansonsten die Rechteinhaber schutzlos gestellt seien. Dies mag der Fall sein, übersieht aber, dass damit der Schutz der Familie in solchen Fällen effektiv ausgehöhlt wird, da es im Ergebnis dazu führen wird, dass Eltern in aller Regel Ansprüche befriedigen werden, weil sie nicht ihre Kinder als Verantwortliche benennen wollen. Inwieweit dies mit § 383 ZPO bzw. § 52 StPO vereinbar sein soll, ist nicht ersichtlich; ob die schriftlichen Urteilsgründe dies erklären können, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Für die Abmahnindustrie wird dieses Urteil Wasser auf die Mühlen sein. Ob man hoffen kann, dass der BGH dies in der zugelassenen Revision wieder korrigiert, ist nach Tauschbörse I-III fraglich. Möglicherweise muss – gerade unter dem Gesichtspunkt des Familienschutzes – das Bundesverfassungsgericht eingreifen.

[ via Liz Collet ]

Nachtrag (14.01.2016, 14.00 Uhr): Hier findet sich die Pressemitteilung des OLG München zu diesem Fall.

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