LG Gießen: Verwendung eines versehentlich erhaltenen Online-Gutscheins nicht strafbar

Das LG Gießen hat mit einem Beschluss vom 29. Mai 2013 (Az. 7 Qs 88/13) entschieden, dass das Verwenden eines einem Dritten zustehenden Online-Gutscheins nicht unter die Strafbarkeit des § 263a StGB fällt.

Eine Kundin hatte einen Geschenkgutschein bei einer Firma erworben, hat sich jedoch bei der Eingabe der E-Mail-Adresse der zu Beschenkenden vertippt. Den Gutschein bekam daraufhin ein unbekannter Dritter, der ihn auch erfolgreich einlöste. Die Staatsanwaltschaft Gießen beantragte daraufhin wegen Verdachts der Unterschlagung(!) und des Computerbetrugs einen Durchsuchungsbeschluss gem. § 103 StPO bei der Firma, um den Dritten zu ermitteln. Das AG Gießen lehnte dies wegen nicht-Vorliegen eines Straftatbestands ab. Das LG Gießen folgte dem auf Beschwerde hin zu Recht.

Bereits jedem Erstsemester-Studenten sollte klar sein, dass Unterschlagung i.S.d. § 246 StGB nicht vorliegen kann, da ein virtueller Gutschein keine “fremde bewegliche Sache” darstellt. Der oder die betreffende Staatsanwalt/-wältin hat also im besten Fall versucht den Antrag auf alles Mögliche zu stützen bzw. ist im schlimmsten Fall schlechter ausgebildet als jeder Student nach ein paar Vorlesungen Strafrecht. Sehr schnell lehnt das LG Gießen die §§ 202a-202c, 303a, 303b StGB ab, da diese nicht einschlägig seien. Der Rest der Entscheidung liest sich ein wenig wie ein Lehrbuch, warum § 263a StGB nicht einschlägig ist, was für die Examensvorbereitung und natürlich auch für übereifrige Staatsanwälte eine gute Lektion ist. Kurz zusammengefasst weißt das Landgericht darauf hin, dass § 263a StGB dazu dient, die Strafbarkeit des § 263 StGB auf Fälle anzuwenden, wo keine Person getäuscht wurde, sondern eine Maschine, um dann korrekterweise zu folgern, dass ein Mensch an Stelle der Maschine sich auch keine Gedanken gemacht hätte, von wem der Geschenkgutschein eingelöst wird, sondern nur darüber, ob der Gutschein von der Firma tatsächlich so ausgegeben wurde. Dies ist auch sachgerecht, da es ja gerade Sinn eines Geschenkgutscheins ist, dass auch ein bisheriger Nichtkunde diesen einlösen können soll.