Gerichtssaalszenen: Auf dem Land, da trifft man viele Bekannte

Wer mein Profil gelesen hat, weiß, dass ich in Grafing bei München, einem Ort mit 1/5 der Einwohner meines Heimatstadtbezirks, arbeite. Naturgemäß stehen die Gerichtstermine somit auch bei den ländlichen Gerichten im Umkreis an, so heute beim Amtsgericht in Ebersberg (eine Kreisstadt mit noch weniger Einwohnern als Grafing).

Die Verhandlung an sich war wenig spektakulär, Räumungsverfahren bei dem die Beklagten die gerichtlichen Fristen verstreichen haben lassen und im Termin der Kollege auf der Gegenseite einen Schriftsatz mit neuem Vortrag überreicht hat und ansonsten versucht hat, auf die Tränendrüse zu drücken. Ich bin wirklich kein herzloser Mensch, aber wenn Mieter zwei Jahre lang nicht oder nur sporadisch zahlen und auch nach der Kündigung sechs Monate nicht ausziehen, dann wirkt bei mir sowas in der Regel nicht mehr. Trug doch der Beklagtenvertreter vor, einer der Beklagten arbeite bei ihm in der Kanzlei. Der musste es also eigentlich besser wissen.

Interessanter war es, mit der Richterin danach zu plauschen. Wie ich im Vorfeld von meinem Arbeitgeber erfahren hatte, hatten wir nämlich zusammen mündliche Prüfung im zweiten Examen und konnten daher über die Vorzüge und Nachteile der Arbeit auf dem Land (vielfältigere Fälle vs. Notwendigkeit, sich auch in wenig bekannte Felder einzuarbeiten) unterhalten.

Als ich dann für die folgende Verhandlung Platz machen wollte, kam mir eine ehemalige Kommilitonin entgegen, die ich seit vier Jahren nicht mehr gesehen hatte. Verständlicherweise hab ich auf ihre überraschte Begrüßung mit einem “Kennen wir uns?” reagiert. Zu meiner Verteidigung muss ich aber anführen, dass sie etwas anders aussah (und ich sowieso ein schlechtes Gedächtnis für Gesichter hab). Sie erzählte mir, dass sie bei ihrem Lebensgefährten in der Kanzlei arbeite, der als Anwalt im folgenden Termin kam. Wieso sie sich an mich erinnern konnte (und von mir erzählt hatte), wusste sie auch noch:

“Du hast mir den Glauben an Gott ausgetrieben.” 1

Und da sage nochmal einer, ich könnte nicht überzeugend sein 😉


1 Zur Erklärung:
Nein, ich war nicht besonders gemein zu ihr. Als Antitheist sind Religionskritik und entsprechende philosophische Erörterungen für mich nur seit vielen Jahren von Interesse und eines Tages sprachen wir vor, während oder nach einer Vorlesung im wahrsten Sinne über Gott und die Welt und ich hab ihr natürlich erzählt, was aus meiner Sicht gegen die Existenz eines Gottes (gleich welcher Art) und gegen Religionen spricht und mal erwähnt, wie viel Geld der Staat den beiden Großkirchen wirklich jedes Jahr zahlt.