BGH: Eigenbedarf der GbR möglich / Eigenbedarfskündigungen nicht mehr unwirksam bei Verletzung der Anbietpflicht

Der BGH hat mit Urteil vom 14.12.2016 – Az. VIII ZR 232/15 – zu zwei praxisrelevanten mietrechtlichen Fragen Stellung genommen und seine Rechtsprechung teils bestätigt teils revidiert (Pressemitteilung, Volltext liegt noch nicht vor).

Bestätigt hat er, dass auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen kann, wenn einer der Gesellschafter oder dessen Familie die Wohnung benötigen. Dies war bisher umstritten((Siehe Nachweise bei Schmidt-Futterer12Blank, § 573 Rn. 49)). Der BGH vertritt die Auffassung, dass eine GbR nur eine Vermietergemeinschaft darstellt und ja auch bei Vermietermehrheit nach bisherigen Recht eine Eigenbedarfskündigung unproblematisch sei, wenn nur bei einem Vermieter ein Eigenbedarfsgrund vorliegt. Dabei übersieht der BGH, dass – anders als bei einer GbR mit möglichen unbekannten oder wechselnden Mitgliedern – der Mieter sich bei einer Vermietermehrheit konkret auf die Vertragspartner einstellen kann.

Eine der Gegenansichten, die auch die Vorinstanz vertreten hatte, konnte auch mit guten Gründen damit argumentieren, dass damit dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Mit der Entscheidung des BGH dürfte es in Zukunft noch wichtiger sein, vorgetäuschten Eigenbedarf zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Ein Paukenschlag ist dagegen die zweite Hälfte der Entscheidung. Der BGH kippt, ohne erkennbaren Anlass und wohl zur Überraschung vieler Beobachter((Nichtmal der BGH hatte dieses Problem in seiner Pressemitteilung vor Ergehen des Urteils thematisiert)), die Folgen einer Verletzung der Anbietpflicht des Vermieters. Nach bisheriger h. M.((Nachweise bei Schmidt-Futterer12Blank, § 573 Rn. 119)) war eine Eigenbedarfskündigung unwirksam, wenn der Vermieter im selben Objekt oder Komplex eine andere Wohnung frei hatte und diese dem Mieter nicht angeboten hat. Damit sollte erreicht werden, dass der Vermieter gezwungen wird, die Folgen der Kündigung für den Mieter so milde wie möglich zu machen.

Nun meint der BGH, dass die Verletzung der Anbietpflicht zwar Schadensersatz nach § 241 II BGB zur Folge habe, die Kündigung hieran nicht wegen Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) scheitern dürfe.

Unangetastet bleibt wohl (vorerst) das Kündigungsverbot bei freistehender gleichwertiger Alternativwohnung. Der Vermieter muss also zwar nicht zwingend eine freie Alternativwohnung anbieten, genügt die Alternative jedoch, um seinen Bedarf zu decken, darf er weiterhin nicht kündigen. Insoweit bleibt der Vermieter auch beweispflichtig.

Was der BGH – zumindest laut Pressemitteilung – nicht ausdrücklich entschieden hat, ist, ob der Vermieter nach § 242 BGB verpflichtet werden kann und muss, die freie Wohnung den Mietern anzubieten zu einem üblichen Mietpreis. Eine solche Lösung ist mit der geänderten Rechtsprechung des BGH in Einklang zu bringen ohne die Mieter über Gebühr schutzlos zu stellen. In diesem Sinne muss Schadensersatz nach §§ 280, 241 II BGB auch die Mehrkosten einer neuen Wohnung umfassen, wenn die freie Wohnung günstiger gewesen wäre.

Die Änderung der Rechtsprechung kommt überraschend und führt zu einer deutlichen Schwächung der Mieter. Nach Jahren mieterfreundlicher Urteile haben Vermieter nun einen Grund zur Freude; in der Praxis dürften sich die Streitigkeiten nun lediglich auf die Ebene der Beweisbarkeit bzw. der Schadensersatzansprüche verlagern.