Unnötiges Anwaltsschaulaufen

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“Sammeltermin”. Das Wort allein verursacht bei den meisten altgedienten Kollegen ein Schaudern. Und das zu Recht.

Unter Sammeltermin versteht man die Praxis, mehrere frühe erste Termine (§ 275 ZPO) – meist ein Dutzend oder mehr (oder im Fall von BVerfG NJW 1985, 1149, auch mal 50+ Verfahren) – auf die gleiche Uhrzeit zu legen und die Kollegen dann alle herbeieilen zu lassen, um sich um die Rangfolge zu zoffen, denn wer zuerst kommt (meist viel früher als terminiert), der mahlt zuerst. Im Termin sitzen dann ca. 20 Anwälte hinten drin und ärgern sich, dass sie wohl 2-3 Stunden umsonst im Gericht verbringen, bis die Sachen vor ihnen abgearbeitet sind.

Kein Wunder also, dass Sammeltermine verpöhnt und aus der Sicht der meisten Kollegen auch zumindest nach der ZPO-Reform 2002 unzulässig sind (vgl. Schirp, BRAK-Mitt. 1/2003, S. 6). Die allermeisten Richter haben schon aus Eigeninteresse davon Abstand genommen und wählen lieber das schriftliche Vorverfahren nach § 276 ZPO, um möglichst früh schon alle entscheidenden Fragen zu klären; außerdem hat dieses Verfahren den Vorteil der Möglichkeit, durch Versäumnisurteil nach § 331 III ZPO entscheiden zu können, wenn keine Verteidigungsanzeige eingeht.

Ein paar Richter sträuben sich jedoch noch, dem Sammeltermin Lebewohl zu sagen. Zu einem solchen darf ich dann auch gehen am Mittwoch. Achja, die Klageerwiderung kam natürlich erst, als der Mandant – der Beklagten bekannt – im Urlaub war. Ich habe das Gericht daher um Terminsverlegung gebeten, weil ich mich ohne Rücksprache ohnehin nicht erklären könne. Der Richter hat dies abgelehnt.

So stehe ich also am Mittwoch extra früh auf, um bei Gericht möglichst früh dran zu kommen. Ich fürchte nur, die Kollegen werden das Gleiche tun…

4 Gedanken zu „Unnötiges Anwaltsschaulaufen

  1. Man könnte auch das schriftliche Verfahren zum Regelfall machen, denn meistens sind mündliche Termine überflüssig. Wenn man das denn nicht möchte, wäre zumindest die Möglichkeit einer Videokonferenz anzudenken. Als Ersatz für den meist überflüssigen mündlichen Termin. Dann gibt es auch keine überflüssigen
    Massenaufläufe mehr.

  2. Ich überstpitze bewusst: Solchen Richtern sollte die Anwaltschaft mal die Zähne zeigen: Zuspammen mit Schriftsätzen, Verlegungsanträgen und allem, was zusätzliche unnötige Arbeit verursacht (leider auch bei der Anwaltschaft), weil solche Richterinnen und Richtern gezeigt werden muss, dass sie nicht Gott sind.

  3. Mehrere Verhandlungstermine auf eine Uhrzeit zu legen, kann aus Richtersicht durchaus sinnvoll sein, um Sitzungen effektiv über die Bühne zu bringen. Leider sind Anwälte nämlich durchaus nicht immer pünktlich. Wenn man also 3 (5-Minuten-)Sachen (ja, die gibt es!) auf eine Uhrzeit legt, kann man eher damit rechnen, dass man sie zügig über die Bühne bringt, als wenn man sie im 5-Minuten-Takt terminiert.

    Für 12 Sachen auf eine Uhrzeit gibt es allerdings tatsächlich keinen Grund.

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